DIE BEWOHNER DER ORTSCHAFT NEU-JOSEFSTHAL
Zur Besiedelung der neu errichteten Glashütte und der anliegenden Ortschaft kam es frühestens drei Jahre nach der Gründung. Zunächst mussten die nötigsten Lebensbedingungen dafür geschaffen werden: der Wald gerodet und die Wurzelstöcke beseitigt, um Platz zu machen für den Betrieb der Glashütte und für die ersten vier Häuschen der Glasmacher. Außerdem für die Gärten und am meisten für die geplante landwirtschaftliche Tätigkeit. Wichtig waren auch der Bau von Straßen, zwei steinerne Brücken, sowie ein Wasserversorgungssystem. Nur so waren die Bedingungen für die Arbeit und das Leben der Einwohner geschaffen. Bis heute, wo wir alles mit hoch entwickelter Technik bewältigen, nötigt uns die Arbeit unserer Ahnen großen Respekt ab. Die nächste Siedlung war 5 km weit entfernt und auch durch die Lage in den hohen Bergen war das Leben nicht einfach. Vieles wurde nach und nach für die Bedürfnisse der sich vergrößernden Einwohnerzahl geschaffen. Auch wenn die Bedingungen für die Existenz der Glashütte und der Menschen gegeben waren, blieb ihr Ausmaß hinter den Vorstellungen der Herrschaft zurück. Schriftliche Quellen beschreiben ziemlich genau die Problematik der Besiedelung. So beschloss die fürstliche Liechtensteiner Kanzlei in Wien am 17. Oktober 1735 den Verkauf der 4 gebauten Häuschen diversen Interessenten um den Kaufpreis, einen Tag der Fronarbeitspflicht wöchentlich und den Lohn für die Holzförderung. Dies bescheinigt die Eintragung des obersten Beamten der Goldensteiner Herrschaft, Anton Cermak vom 31. 12. 1735 über die ersten 4 Ortsbewohner. Georg Langer kauft das Häuschen an der Brücke um 90 Gulden, die Brüder Kaspar und Johann Franck kauften 2 Häuschen oberhalb des Sägewerks (Kaspar um 60 Gulden, Johann um 90 Gulden). Das vierte Haus kaufte Franz Richter um 50 Gulden. Dieses stand unterhalb des Hauses von Kaspar Franck. Der Bericht erwähnt weiter die Hütte als „neue Glashütte“. Offensichtlich ist dieses Ereignis der Beginn der Besiedelung und damit auch der mögliche Anfang des Betriebes der Glashütte.
Es ist anzunehmen, dass die ersten Glasmacher ehestens den Ort im Jahre 1736 besiedelten und die Inbetriebnahme der Glashütte noch etwas später erfolgte. Für die erste Schmelzsaison mussten von den Arbeitern alle technischen und materiellen Mittel bereitgestellt werden (Aufbau des Schmelzofens, Vorbereitung des Glasgemenges teils aus heimischem Material, teils mussten die Materialien eingekauft und hingeschafft werden – das war Asche, Pottasche, Kalk, Scherben, Braunstein, Arsenik, Salpeter und Ton zum Bau des Ofens). Die wichtigste Voraussetzung war die Beschaffung von genügend Brennholz. Das musste geschlagen, zur Hütte gebracht und für den Hüttenbetrieb zugerichtet werden. Sicherlich gab es auch ein Sägewerk, wie aus schriftlichen Quellen hervorgeht. Die Bewohner mussten auch mit dem Anbau auf den Feldern beginnen, um sich mit den nötigen Lebemsmitteln zu versorgen.
In den nächsten Jahren nimmt die Einwohnerzahl zu. Es kommen weitere Glasmacher. Erwähnt werden: im Jahre 1736 Martin Richter, Georg Olbrich und Johann Anton Divisch, im Jahre 1737 Johann Franck, 1739 Georg Schön und Urban Hilgert, 1740 Tobias Franck, 1742 Fridrich Scholz. In ihren Familien werden die ersten Kinder geboren. Zum 1. August 1736 steht im Goldensteiner Taufbuch über Geburt und Taufe eines Kindes aus Neu-Josefsthal der Eltern Marina und Balthasar Winkler. Im Zusammenhang mit dem Anstieg der Einwohner Neu-Josefsthals kommt es auch zum Aufschwung und Prosperität der Glashütte. Neue Häuser müssen gebaut werden. Die Glashütte prosperiert durch die Nutzung neuer Technologien. Der damalige Hüttenschreiber, Franz Heinrich Lulla und der herrschaftliche Beamte Johann Franz Rath erwähnen als erfahrenen Fachmann den Glasmacher Johann Anton Divisch, der von 1741 bis 1747 Hüttenschreiber der bedeutendsten Glashütte der Liechtensteiner gleichen Namens Josefsthal bei Olomutschany war. Nach deren Schließung und Divischs Ankunft wird Josefsthal in Neu-Josefsthal umbenannt.
Nach den Jahren der Prosperität kam jedoch im Zusammenhang mit den preußisch-österreichischen Kriegen in den 70ger Jahren des 18. Jahrhunderts eine Zeit der Krise. Grund war die Entstehung weiterer Glashütten z.B. in Engelsthal (unweit vom Heidebrünnel) und in der weiteren Umgebung (Zuckmantel). Das bewirkte eine geringere Nachfrage nach Erzeugnissen. Durch eine Missernte und darauf folgende Hungersnot spitzte sich die Lage weiter zu. Die materielle Not der Bewohner bestätigt ein Antrag vom 10. November 1779, das Vieh in den herrschaftlichen Wäldern weiden zu lassen, sowie das Ansuchen um Steuerminderung, die jedoch von der Herrschaft abgewiesen wurde. Zur Schließung des Betriebes der Glashütte trug vor allem die Errichtung eines Hammers in Aloisdorf bei. Auch konnte der riesige Verbrauch an Brennholz nicht mehr akzeptiert werden. Deshalb beschloss die Herrschaft, die Hütte in Neu-Josefsthal zu schließen.
Im Jahre 1790 kam es zum Verkauf der Grundstücke, sowie der schon ziemlich verfallenen Objekte der Glashütte. Sie war geschlossen worden, weil zwischen Altstadt und Kunzendorf, am linken Ufer des dortigen Baches eine neue Glashütte erbaut worden war mit Namen Blumenbach. Zur Versteigerung der Objekte der erloschenen Glashütte kam es am 6. Dezember 1790. Sieben neue Einwohner erstanden die Objekte und entschieden sich, diese für Wohnzwecke umzugestalten sowie für wirtschaftliche Zwecke zu nutzen. Der bekannteste unter ihnen war der herrschaftliche Schäfer Josef Neugebauer. Er kaufte die verfallene Glashütte und die Häuser Nr. 5 und 6. Doch die zentrale fürstliche Liechtensteiner Kanzlei entschied, dass fürstliche Bedienstete keine eigene Wirtschaft haben dürfen. So musste Neugebauer die Objekte wieder versteigern. Sie fand erst am 18. Juni 1791 statt. Das Objekt der Glashütte erstand um 248 Gulden Anton Hilgert zusammen mit dem Haus Nr. 5. Für seinen Bruder Ignaz Hilgert kaufte er das Haus Nr. 6. Den Verkauf genehmigte die fürstliche Liechtensteiner Kanzlei erst am 28. Mai 1793.
Nach der Schließung der Glashütte schwankte die Zahl der Einwohner. Im Jahre 1793 erreichte sie 74 Personen, später verdoppelte sie sich fast und im Jahre 1868 waren es historisch gesehen am meisten – 131 Personen. Dann sank die Zahl und in den vierziger Jahren des 20. Jahrhunderts waren es nach Aussagen von Zeitzeugen 75 Personen. Nach der Volkszählung nach dem Gesetz 256/1920 Slg. vom 15. Februar 1921 lebten im Ort 85 Personen. Die Grundinformationen sind in der unten angeführten Tabelle enthalten:
Hausnummer | Besitzer | Anzahl der im Haus wohnenden Personen | Name des Hausnutzers | Beruf des Besitzers oder des Hausnutzers |
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1 | Alois Hilgart | 4 | Alois Hilgart | Förster |
2 | Eduard Hilgart | 4 | Eduard Hilgart | Förster |
3 | Ignaz Winter | 4 | Ignaz Winter | Behinderter |
4 | Albert Kleiner | 6 | Albert Kleiner | Förster |
6 | Anton Schartel | 5 | Anton Schartel | Förster |
8 | Johann II. Lichtenstein | 4 | Anna Seidel | Im Haushalt |
9 | Johann Rotter | 5 | Johann Rotter | Förster |
10 | Josef Schwarzer | 5 | Josef Schwarzer | Förster |
11 | Alois Schwarzer | 6 | Alois Schwarzer | Förster |
12 | Franz Scholz | 8 | Franz Scholz | Förster |
13 | Karoline Schwarzer | 3 | Karoline Schwarzer | Im Haushalt |
14 | Alois Hilgart | 5 | Alois Hilgart | Förster |
15 | Josef Karger | 3 | Josef Karger | Landwirt |
16 | Amalia Heintel | 6 | Karl Heintel | Waldarbeiterin |
17 | Johann II. Lichtenstein | 7 | Kozak Johann | Heger |
18 | Josef Schwarzer | 3 | Maria Lekel | Waldarbeiterin |
20 | Obec Nové Losiny - Schule | 7 | Karl Fischer | Lehrer |
Zur besseren Orientierung hier eine aus dem Gedächtnis gezeichnete Skizze des Ortes von Gustav Schwarzer – er wohnte im ehemaligen Haus Nr. 11 – s. Bild Nr. 1.
Bild Nr. 1 – Landkartenskizze der Ortschaft Neu Josefsthal – stand in der Hälfte der vierziger Jahre des 20. JahrhundertsIn der ganzen Geschichte des Ortes haben sich hier jahrelang zwei Geschlechter erhalten. Ab dem Jahre 1739 das Geschlecht der Familie Hilgert (auch Hilgart) und ab dem Jahre 1742 das Geschlecht Scholz. Beide Geschlechter gehörten zu den Glasmachern. Die Hilgerts erscheinen häufiger und waren wohl eine weitverzweigte Familie. Angeführt werden bis zu 3 Familien gleichen Namens. Alois gehörte bis in die dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts das Haus Nr. 1 (die ehemalige Glashütte), wo es in den Besitz von Gustav Schwarzer überging. Eduard Hilgart gehörte das Haus Nr. 2 – das Gasthaus (in den Jahren 1755 bis 1762 war Ignaz Hilgert in Neu Josefsthal gleichzeitig Glasmacher und Gastwirt. Ein weiterer Verwandter, Alois Hilgart besaß das Haus Nr. 14. Franz Scholz gehörte das Haus Nr. 12 und sein Vorfahr war hier im Jahre 1790 Hüttenmeister. Ein weiteres, aus historischer Sicht interessantes Geschlecht, das langzeitig ansässig war, ist die Familie Schartel, deren Wurzeln ihren Ursprung auf dem Gut Schartelhof, unweit der österreichischen Stadt Radstadt hatten. Die Familie siedelte sich um das Jahr 1618 in Mährisch Schönberg an. Die Nachfahren wohnten wie in Reigersdorf, so auch in Geppersdorf. Anton Schartel aus dem Haus Nr. 9 in Geppersdorf heiratete am 5. September 1825 in Goldenstein Beate Neugebauer. Sie zogen nach Neu Josefsthal ins Haus Nr. 6 und waren Landwirte und Förster. In den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts besaß Fürst Johann II. von Liechtenstein noch 2 Häuser im Ort: das Haus Nr. 8, in dem die Witwe Anna Seidl mit 3 Kindern wohnte und Haus Nr. 17 (das einzige heute noch erhaltene), in welchem im Jahre 1921 der herrschaftliche Forstverwalter mit seiner Frau und 5 Kindern wohnte. Er hieß Johann Kozak und stammte aus Geppersdorf. Nach der Bodenreform (Verstaatlichung der Liechtensteiner Waldungen) wurde Johann Kozak im November 1927 vom Heger der Verwaltung der staatlichen Wälder in Hannsdorf abgelöst. Dieser Josef Divis aus Buschin lebte hier bis zum Jahre 1938 mit seiner Frau Berta und dem Sohn Ernst. Die Familie Divis war die einzige tschechische Familie im Ort. Im Jahre 1939 war Eduard Alscher Heger, Angestellter der Reichsforstdirektion mit Sitz in Reichenberg. Er hatte eine Frau namens Anna und eine 11jährige Tochter gleichen Namens.
Der Autor der Landkartenskizze, Gustav Schwarzer, geboren 1907, war der zweitgeborene Sohn der Försters Alois Schwarzer und dessen Frau Helene, die Hausfrau war. Sein ältester Bruder hieß Alois und der jüngere Franz, der im Juni 1944 an der Ostfront fiel. Die Familie hatte ein Pflegekind in ihrer Obhut vom Jahre 1917 namens Hermine Huber aus Aspern bei Wien. Gustav Schwarzer kaufte in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts das Haus Nr. 1 und lebte darin mit seiner Frau Emilie und 3 Kindern bis zum Jahre 1946. Er war Vertreter der Ortsverwaltung und ihm oblag das Schulwesen. Er ist Autor wertvoller Infos über Neu Josefsthal aus der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts: „Der Ort wurde im Volksmund Glashütte genannt und zählte 20 Häuser mit 75 Bewohnern. Im Dorf gab es 1 Forsthaus, 1 Schule, 1 Gasthaus, 1 Spritzenhaus, 1 steinernes Dorfkreuz, 1 Bildstock und eine Dorflinde, die denkmalgeschützt war. Am Haus Nr. 12 stand ein einfacher Glockenturm. Die Ortsbewohner arbeiteten größtenteils im Wald, bei der Waldeisenbahn mit dem Bremsberg zur Holzabfuhr. Die Frauen versahen den Haushalt und eine kleine Wirtschaft. Jedes Haus besaß einen Garten für Gemüse und mehrere Acker Feld für Kartoffeln, Weizen, Hafer und Mais. Die Bewohner hielten vor allem Geflügel, Ziegen, Schweine und Kühe. Die Erzeugnisse aus der hiesigen Milch, vor allem Butter und Quark, waren sehr gefragte Produkte, weil sie von den Weiden auf den Bergwiesen stammten. Mit dem Verkauf verdienten sich die Bewohner ein Zubrot. Letzte Vertreter der Gemeindeverwaltung waren Eduard Hilgart vom Haus Nr. 2, Johann Rotter vom Haus Nr. 9 und Anton Schartel – Haus Nr. 6.“
Die Arbeit im Wald und auf den kargen Feldern und Gärten war ausschlaggebend für den Großteil der Erwachsenen im Ort. Die Waldarbeit war anstrengend, vor allem die Holzförderung und seine Abfuhr mit der Waldeisenbahn und Bremsberg. Dies geschah in den Wintermonaten mit Schlitten. Das geschlagene Rundholz wurde auf kleine Schlitten aufgeladen und vom Schlittenbegleiter den Hang hinab gefahren. Diese sehr gefährliche, anspruchsvolle und verantwortungsvolle Arbeit setzte eine große Portion an Gewandtheit, Erfahrung und Mut voraus. Man kann allen Generationen dieser tapferen Waldarbeiter nur Bewunderung und Hochachtung zollen. Das Bild Nr. 2 und 3 zeigt eine Gruppe von ihnen (zeitgemäße Fotografie aus den dreißiger Jahren des 20. Jahrhundert, zur Verfügung gestellt von der Familie Schartel).
Bild Nr. 2 – Waldarbeiter aus Neu Josefsthal; 1. Reihe von links sitzend: Gustav Schwarzer, Franz Schwarzer, Alois Hilgart; in der 2. Reihe sitzend von links: Edi Seidel, Josef Schwarzer, Anton Schartel, Franz Seidel; 3. Reihe stehend von links: Adolf Kleiner (aus Neu Goldenstein), Franz Hilgart, Emil Seidel. Bild Nr. 3 - Waldarbeiter aus Neu Josefsthal vor der RundholzabfuhrEine wichtige Aussage über den Anbau von Flachs gibt es von Anton Schartel aus dem Haus Nr. 6, der vom Anbau, der Verarbeitung und vom Trocknen im Holzhaus hinter dem Bremsberg Richtung Hinter Aloisdorf berichtet. Wegen Feuergefahr war das Objekt außerhalb des Dorfes platziert. Flachs stellte in dieser Region einen wichtigen Handelsartikel mit den Textilbetrieben dar. Damit konnten sich die Anbauer, die den Flachs auch teilweise verarbeiteten, ein Zubrot verdienen.
Die erwähnte Feuergefahr war, ist und wird immer allgegenwärtig sein. Deshalb wurde auch in diesem Ort eine Feuerwehr gegründet und mit einer Handspritze ausgestattet. Sie stand im Spritzenhaus gegenüber dem Haus Nr. 2. Feuerwehrmänner waren Ortsbewohner, ebenso wie Leute aus den anliegenden Ortschaften (Hinter Aloisdorf, Neu Goldenstein). Das erhaltene Bild, eine Rarität aus dem Familienbesitz der Familie Schartel, stammt aus den 30ger oder Anfang 40ger Jahre des 20. Jahrhunderts und dokumentiert die Existenz dieser Feuerwehr. Das Bild entstand am Gemeindeweg direkt vor der Schule (Nr. 20) vom Haus Nr. 2 aus. Im Hintergrund sieht man das Haus Nr. 8.
Bild Nr. 4 – Die Feuerwehr in Neu Josefsthal – die Männer von links: Richard Reinelt aus Neu-Goldenstein Nr. 8, Anton Schartel aus Neu Josefsthal Nr. 6, der 5. in der Reihe ist Franz Schwarzer aus Nr. 11 und ganz rechts Adolf Kleiner aus Neu Goldenstein.Im Zusammenhang mit der Feuerwehr gibt es wichtige Infos über die Wasserversorgung. Diese wurde durch ein findiges System von Wasserrohren gewährleistet. Sie wurden einerseits aus den beiden Bächen, anderseits aus der ergiebigen Quelle oberhalb des Ortes gespeist. In unmittelbarer Nähe jeden Hauses gab es einen Unterstand, in den ständig frisches Wasser nachfloss. Überreste dieser Wasserleitung sind noch am Forsthaus erhalten geblieben (Haus Nr. 17). Es ist anzunehmen, dass auch die Glashütte durch dieses System versorgt wurde. Die handgezeichnete Skizze von Anton Schartel stellt diese Einrichtung detailliert vor.
Bild Nr. 5 – Schema der Wasserleitung in Neu JosefsthalIn der Ortschaft gab es seit den 80. Jahren des 20. Jahrhundert eine einklassige Schule (Nr. 20), in der es vom Jahre 1882 an bis zu 30 Schüler gab. Teil der Schule war auch eine Lehrerwohnung. Die Kinder kamen auch aus Neu Goldenstein (Ortschaft zwischen Neu Josefsthal und Franzenthal) und aus Hinter Aloisdorf. Materialien über die Tätigkeit der Schule – z.B. Klassenkataloge, eine Schulchronik, Klassenbücher und Zeugnisse, sind nur noch wenige erhalten geblieben. Schriftliche Belege und Erinnerungen von Einwohnern geben Aufschluss über die Tätigkeit der Lehrer seit den 80. Jahren des 19. Jahrhunderts bis hin zum Jahre 1945: 1890 – Max Werner, 1900 – Anton Zelinka, 1907 – August Glässner, 1910 – Julius Leiter. Ab dem 29.8.1919 war Karl Fischer aus Neu Ullersdorf Lehrer der einklassigen Schule und wohnte mit seiner Frau und 5 Kindern in der Lehrerwohnung. Ab September 1926 war Gustav Pohlner Lehrer im Ort, der mit seiner Frau Elfriede aus Spieglitz hierher zog. Bis Ende 1933 lehrte hier Alois Süß und bis 1938 Heinrich Rudolf. Im Jahre 1939 versah der ledige 29jährige Otto Orlat die Lehrerstelle. Im Jahre 1940 Leopold Lukas, der 1941 von Lehrer Ludwig abgelöst wurde. Wegen dem Krieg kamen auch Lehrerinnen in den Ort. Die erste war 1942 Fräulein Meisel, 1943 Liselotte Otschko und in den Jahren 1944 und 1945 Fräulein Hildegard Schreier. Interessant ist, dass allen Lehrkräften von Frau Ludmila Winter gekocht und aufgeräumt wurde (Haus Nr. 18). Diese und weitere wertvolle Angaben erhielten wir von Herrn Anton Schartel, einem Nachfahren aus dem Haus Nr. 6.
Außer den bereits erwähnten Geschlechtern Hilgart, Scholz und Schartel stammten die Einwohner entweder direkt aus dem Ort oder aus der näheren oder weiteren Umgebung. So heiratete z.B. Alois Hilgart (Nr. 14) im Jahre 1897 Anna Lekel (Nr. 9), Eduard Hilgart (Haus Nr. 2) im Jahre 1905 Anna Scholz (Nr. 12) und ihr Sohn Alois im Jahre 1934 Mathilde Scharter (Nr. 6). Andere stammten aus der unmittelbaren Nähe – aus Ober Aloisdorf, Neu Goldenstein und Neu Ullersdorf. Weitere kamen aus Adamstal, Walterdorf, Wüst Seibersdorf und Spieglitz. Seltener stammten sie aus entfernteren Ortschaften wie aus Jägerndorf und sogar aus Biala (Polen). Manche Ortsbewohner nahmen Waisenkinder in Pflege (Familie Schwarzer Haus Nr. 11, Hilgart Haus Nr. 14). Andere adoptierten ein Kind (Familie Kleiner Haus Nr. 4). Sie kümmerten sich gewiss auch um einen schwachsinnigen Ortsbewohner, der als Waldarbeiter im Akkord arbeitete. Von Interesse ist, dass mehrere Mädchen aus dem Dorf in den 30ger Jahren des 20. Jahrhundert in den landwirtschaftlichen Genossenschaftsbetrieben in Hermesdorf bei Mährisch-Schönberg arbeiteten.
Im Jahre 1946 kam es zur fast totalen Aussiedelung der Neu Josefsthaler. Der Ort wurde danach nicht mehr besiedelt. Vermutlich war der Ort schon nach der Vertreibung der ehemaligen Einwohner dem Untergang preisgegeben. Nur einige Häuser wurden für die Unterbringung von Waldarbeitern oder Gelegenheitsjobbern genutzt. Bewiesen ist, dass nach 1946 Frau Ludmila Winter, geborene Wimmer im Haus Nr. 18 wohnte. Gebürtig aus Jägerndorf im Jahre 1883, heiratete sie 1922 Franz Winter und lebte bis zu ihrem Tode im Winter 1956 in Neu Josefsthal.
Die nachfolgende Kollektivierung der Landwirtschaft und Gründung von Staatsgütern, die Sicherheit einer weniger anspruchsvollen Arbeit und bequemeren Lebens im Tal ließen das Interesse an ein Leben in dieser Lokalität schwinden. In den 60ger Jahren des 20. Jahrhunderts wurden die verfallenen, verlassenen und statisch nicht mehr sicheren Gebäude als Baumaterial verkauft. Was übrig blieb, wurde niedergewalzt. Ende der 50ger Jahre konnte man im Gasthaus (Nr. 2) noch Mobiliar, sowie Schankgläser entdecken, aber auch eine herunter gestürzte Zimmerdecke und ein eingefallenes Dach. Interesse um eine Neubesiedelung war vorhanden, davon zeugen Anträge auf dem Gemeindeamt Neu Ullersdorf. Doch die Verantwortlichen hinderten die Bürger unverständlicherweise diesen Ort zu besiedeln. In den 80ger Jahren des 20. Jahrhunderts wurde die ganze Ortschaft samt den nicht bebauten Grundstücken aufgeforstet. Auch jetzt noch findet der Besucher unter den hochgewachsenen Fichten alte vermorschte Stämme von Kirsch- oder Birnbäumen. Stehen geblieben ist von dem Ort nur das Forsthaus mit dem Wirtschaftsgebäude. Sie dienen zu Erholungszwecken. Von den übrigen Häusern sieht man nur hin und wieder steinerne Fundamente oder Reste von Kellergewölben.
Geblieben sind auch ein steinerner Bildstock und ein Dorfkreuz aus Marmor. In der Mitte steht die Aufschrift „Zur Ehre Gottes“. Weiter unten auf dem Sockel des Kreuzes steht „Errichtet von den Bewohnern Neu Josefsthal 1944“. Die Aufschrift bezieht sich gewiss auf die im 2. Weltkrieg gefallenen Männer aus Neu Josefsthal. Im Jahre 1943 waren es drei, im Jahre 1944 fünf und im letzten Kriegsjahr 1945 fielen noch weitere zwei. Mit dem Kreuz ehrten die Neu Josefsthaler ihre Gefallenen. Vorher stand an dieser Stelle ein Holzkreuz. Sein Standort war am Weg gegenüber der Glashütte. Sein Aussehen dokumentiert die Landkarte aus dem Jahre 1788 von Ing. Thomas Widlak.
NAME | STERBEDATUM | STERBEORT |
---|---|---|
Antonín Scholz | 17.4.1943 | an der Ostfront gefallen |
Richard Heintel | 20.7.1943 | in Griechenland gefallen |
Rudolf Schulz | 30.8.1943 | an der Ostfront gefallen |
Wili Schulz | 15.1.1944 | an der Ostfront gefallen |
Eduard Seidl | April 1944 | in Theresienstadt vermisst |
Franz Schwarzer | Juni 1944 | an der Ostfront gefallen |
Josef Schwarzer | 30.6.1944 | an der Ostfront gefallen |
Franz Seidl | 29.7.1944 | in Bessarabien gefallen |
Leopold Heintel | 5.2.1945 | bei Breslau gefallen |
Josef Hilgart | (?) 1945 | in Rumänien vermisst |
Über die im 1. Weltkrieg Gefallenen gibt es bisher keine Angaben oder Denkmal. Es ist jedoch anzunehmen, dass ihr Andenken durch das Denkmal am Goldensteiner Friedhof an sie erinnert.
Die Neu Josefsthaler nahmen an Sonn- und Feiertagen regelmäßig an den Gottesdiensten in der Goldensteiner Kirche teil. Der Weg dahin war mit Marterln, Holzkreuzen und Heiligenbildern gesäumt, vor denen die Kirchgänger ihre Gebete verrichteten. Nach den Gottesdiensten tätigten die Frauen notwendige Einkäufe, während die Männer im Gasthaus auf sie warteten. Am Heimweg schafften dann die Männer die Einkäufe am Rücken nach Hause. So der Bericht von Anton Schartel.
Im Jahre 2011 wurde die steinerne Brücke durch Wassereinwirkung teilweise beschädigt. Sie wurde im folgenden Jahr aber wieder instandgesetzt im Zuge des Projekts des Lehrpfades Neu Josefsthal, den die Gesellschaft Wälder der CR realisierte. Gleichzeitig wurde auch das steinerne Fundament der ehemaligen Schule erneuert, ein Rastplatz für Wanderer geschaffen, sowie ein Weg mit Packlage aus Steinen im Abschnitt zwischen den ehemaligen Häusern Nr. 13. und Nr. 16. Weiter wurden das Marmorkreuz und der Bildstock restauriert und die Holzbrücke des Bremsberges repariert. Schließlich erinnern 4 aufgestellte Informationstafeln wenigstens symbolisch an die Existenz der Ortschaft Neu Josefsthal und beschreiben das gewiss nicht einfache Leben ihrer einstigen Bewohner.
Bild Nr. 6 – Aufnahme der Ortschaft aus den 30ger Jahren des 20. Jahrhundert. Es zeigt den Teil des Ortes rund um das Gasthaus (Nr. 2) mit rotem Punkt, sowie der Volksschule (Nr. 20, Gebäude mit grünem Punkt) und das Haus Nr. 11 mit blauem Punkt, wo Gustav Schwarzer wohnte.VERWENDETE LITERATUR:
ŠTĚPÁN, ŠTĚRBOVÁ: Vývoj sklářského průmyslu na panství Branná, in Severní Morava, sv. 78/1999, Šumperk 1999.
HÝBL, Štěpán: Historie zaniklé osady Josefová v katastru obce Nové Losiny : středoškolská odborná činnost, Šumperk: VOŠ a SPŠ Šumperk, 2013, 49 s. Vedoucí práce Pavel Mareš.
KOLEKTIV AUTORŮ: Kleine Chronik Kirch-Sprengel Geppersdorf, Pföhlwies, Stollenhau, Heinzendorf/March und Umgebung. Kreis Mährisch-Schönberg (Sudetenland). Druck und Verarbeitung: Offset Köhler KG, Gießen-Wieseck, 1988, s. 464 až 468.
Historická fotografie Josefové. [online]. [Cit. 28. 4. 2014].
Dostupné z URL: http://www.zanikleobce.cz/index.php?detail=185222
Státní okresní archiv Šumperk, sčítací operáty Josefové z roku 1921: fond Okresní úřad Šumperk - I, inv. č. 1222; sčítací operáty Josefové z let 1930 a 1939.
Osobní svědectví paní Marie Eggert (roz. Schwarzer) z domu čp. 1, pana Antona Schartela z domu čp. 6 a pana Edmunda Reinelta z domu čp. 8 z osady Nový Kolštejn (Neu Goldenstein).